Black Beauty

Kichernd unter der burka

Ein Schwimmreifen? Eine Gummiwurst? Ein Windsegel? Eine Auflösung liefert die Fotoserie Guess what I wear under my Burka der Innsbrucker Medien- und Performancekünstlerin Nicole Weniger zwar nicht, dafür wirft sie insbesondere eine Frage auf: Wo ist der Humor geblieben, wenn es um ein Kleidungsstück geht, das bedeckt, versteckt und erschreckt?

Text: Lena Stefflitsch

„Die Burka interessiert mich auf abstrakter Ebene – sie repräsentiert Identität, gleichzeitig verbirgt sie diese auch.“

 

Verhüllen verboten

 

Die Fotoserie entstand während einer Residency in Istanbul, wo die Burka oder auch der Nikab allgegenwärtig sind. Zur gleichen Zeit wurde in Österreich medial diskutiert, was mittlerweile verabschiedet ist – das Verhüllungsverbot. Die Stadt mit ihren vielen Vorschriften und Konventionen inspirierte die performativ und installativ arbeitende Künstlerin, die am liebsten direkt interagiert – sei es im öffentlichen Raum oder auf der Bühne.

Praktischer Tipp zum Verhüllungsgesetz in Österreich. Darf ich Schal tragen, oder bin ich schon – verbotenerweise – verhüllt? Wer auf Nummer sicher gehen will: Die Website schal-legal.at listet Orte auf, an denen die Temperatur unter Null fällt, und somit der Schal im Gesicht gerechtfertigt ist, wobei die sogenannte Wind-Chill-Formel des amerikanischen Wetterdienstes mitberücksichtigt wird. 

 

i-Tüpferl-Reiterei. In der künstlerischen Arbeit heißt es zwar „Burka“, eigentlich sieht man auf den Fotos aber einen Nikab, der die Augen freilässt, eine Burka hat im strengen Sinn ein eingenähtes Gitter vor den Augen.

„Es ist ein toller Moment, wenn eine Burka vom Wind etwas angehoben wird und plötzlich Stöckelschuhe hervorblitzen.“

Selbstversuch

 

Nicole Weniger wollte es einmal selbst ausprobieren und zog sich während ihres Aufenthalts in Istanbul eine Burka über, um damit durch die Straßen der Stadt zu wandeln. „Das war ein komisches Gefühl. Man ist unsichtbar, denn niemand nimmt dich wahr, und gleichzeitig ist man auch angenehm verborgen.“ Jetzt weiß sie auch, warum Burkas oft schwarz sind, sie wirken dadurch wie Schatten und unterstreichen so das Unsichtbarsein. 
 

 

Über ihren persönlichen Zugang zur eigenen Privatsphäre meint sie, es täte ihr wahrscheinlich gut, etwas mehr zu verstecken und gegen den Alltagsstriptease in den sozialen Medien anzukämpfen – „obwohl am Ende eh alles rauskommt“.

Ihre bevorzugte Methode: Humor. So könne sie sich kontroversen Themen annähern. In ihrer Bildstrecke persifliert die Künstlerin die westliche Skepsis gegenüber dem Islam und spielt auf die Tendenz an, muslimische Bürgerinnen vordergründig als Terroristinnen und somit als Gefahr wahrzunehmen.

 

Erstmals ausgestellt wurden die großformatigen Fotografien von Nicole Weniger im Österreichischen Kulturforum in Budapest im Jahr 2011, kurz darauf reisten die Aufnahmen in die Galerie im Andechshof in Innsbruck. Die Reaktionen auf ihre Arbeit – vor allem seitens muslimischer Besucherinnen – waren durchwegs positiv.

Was wurde eigentlich aus dem algerisch-französischen Millionär Rachid Nekkaz, der alle in Österreich ausgestellten Strafen für Burkaträgerinnen begleichen wollte? Hat er, nachdem er kläglich daran scheiterte, Sebastian Kurz die Strafe höchstpersönlich zu übergeben, einen Dauerauftrag beim Bund eingerichtet?

Diese Fotostrecke ist in der Printausgabe #1 „The Private Issue“ erschienen. Sie können das Magazin in unserem SHOP bestellen.

Der falsche Esoteriker

Text: Lena Stefflitsch

Zwei Jahre lang gab sich Fotograf Klaus Pichler als fanatischer Esoteriker aus und schleuste sich in die New-Age-Szene ein. Sein Selbstexperiment hat er in dem 2017 erschienenen Buch This will change your life forever gebannt. Auf seiner Suche nach dem Irrationalismus stieß er auf homöopathische Globuli für bedingungslose Liebe, harmonisierendes Katzenstreu und einen Energieknopf, der traumatische Erfahrungen verschwinden lässt.

Wie Koal leibt und lebt...

Text: Simon Lehner, Fotos: Simon Lehner

Der österreichische Jung-Fotograf Simon Lehner ist uns seit Langem verbunden. In der ersten Ausgabe des C/O VIENNA Printmagazins – THE PRIVATE ISSUE publizierten wir seine berührende und intime, aber auch unglaublich humorvolle Dokumentation KOAL. Sie zeigt das Leben seines Großvaters Karl im ländlichen Oberösterreich. Wir baten Simon, für diesen Beitrag ein paar Zeilen über ihn zu schreiben. Prädikat: „lesenswert“! 

In High Heels

Text: David Meran, Lena Stefflitsch

Die Geschichte von Mari Katayama schreibt sich wie ein Märchen des 21. Jahrhunderts: Praktisch über Nacht erlangte sie Bekanntheit über das soziale Netzwerk MySpace, als sie dort ein Foto von sich inmitten ihrer selbstgenähten Stofftiere liegend hochlud. Was dabei Aufmerksamkeit erregte, war nicht nur ihre Handwerkskunst, sondern ebenso ihre amputierten Beine und Prothesen. Tibiale Hemimelie nennt sich die seltene Krankheit, die bei der japanischen Künstlerin als Kind diagnostiziert wurde und zur Verkürzung ihrer Schienbeine sowie zur Verformung ihrer Hand führte. Als Mädchen traf sie die Entscheidung, ihre Beine amputieren zu lassen, um somit eines Tages mittels Prothesen laufen zu können – wohlgemerkt in High Heels.