Der Künstlerhaus-Leiter

Der Kampf der Egos

Auf den Deutschen Tim Voss, seit Februar 2018 neuer künstlerischer Leiter des Künstlerhauses, warten in Wien im wahrsten Sinne des Wortes große Baustellen: Das altehrwürdige Gebäude am Karlsplatz wird generalsaniert, die knapp 500 Mitglieder zählende Künstlervereinigung ist zerstritten, der Deal zwischen Haselsteiner, Essl, Albertina und Bund wird scharf kritisiert. Voss blickt dem gespannt entgegen und nimmt trotzdem kein Blatt vor den Mund.

Text: Antje Mayer-Salvi

„Ich komme nicht als Mediator.“

Antje Mayer-Salvi: Wenige dürften Sie gerade um Ihren neuen Posten beneiden. Bund, Albertina, Künstlerschaft, Sammlung Essl, Haselsteiner-Stiftung, viele verschiedene Interessen prallen da aufeinander – vor dem Hintergrund eines stark umstrittenen Deals – dazu eine große Baustelle am Karlsplatz. Was war Ihre erste Tat nach ihrem „Amtsantritt“ Anfang Februar 2018?

Tim Voss: Wirklich? Na ja, Neid ist eh Käse! Ich freue mich riesig auf die Herausforderungen und fühle mich bisher sehr warm aufgenommen. Im Grunde versuche ich jetzt, möglichst viele Menschen zu treffen. Auch und gerade jene, die derzeit nicht miteinander sprechen. Das ist im Moment tatsächlich mein größtes Anliegen, um mir erst einmal ein Bild zu machen.

Es geht mir aber weniger darum, die Vergangenheit zu bewerten, sondern vielmehr Anknüpfungspunkte für eine Zukunft zu finden. Anders geht es nicht. Ich habe schon bemerkt, dass es zu jeder Entscheidung mindestens drei verschiedene Geschichten gibt – und da blicke ich dann nicht mehr durch. Das ist auch nicht meine Aufgabe! Zum Glück komme ich ja nicht als Mediator.

Ab wann werden wir etwas von Ihnen sehen? Haben Sie schon erste Ideen?

Ich beginne mit dem Programm ab der Wiedereröffnung, voraussichtlich im Juni 2019. Es gibt natürlich schon ganz viele Ideen in meinem Kopf, aber hier in Wien ist das tatsächlich anders als bei meinen bisherigen Aufgaben als künstlerischer Leiter des Kunstvereins Harburger Bahnhof des W139Amsterdam oder der Künstlerhäuser Worpswede. Ich bin nicht nach Wien gekommen, um zu machen, was ich will, sondern aus der Geschichte des Vereins und aus der Struktur, die sich daraus entwickelt hat, etwas zu gestalten.

Warten noch viele Aufgaben auf Sie, bevor Sie mit Ihrem Programm beginnen können?

Künstlerische Programme habe ich die vergangenen Jahre genug gemacht. Das hier ist vielmehr eine politische Aufgabe. Und das finde ich tatsächlich reizvoll – und ich weigere mich, das als Last zu sehen. Die gemeinsame Struktur ist hier nicht gescheitert, sondern sie steckt durch die Ereignisse und Entscheidungen der letzten Zeit fest. Ich möchte sie wieder in den notwendigen Fluss bringen.

Das Künstlerhaus hatte seine goldenen Zeiten – besonders zwischen 1998 bis 2002 unter der Leitung von Doris Rothauer. Das war damals gefühlt „The Place to be“ für junge Leute. Rothauer positionierte den Ort mit Popkultur-Ausstellungen über zeitgenössische Mode, elektronische Musik oder Grafik-Design. Das Budget war immer sehr knapp, letztlich ging leider doch das Geld aus. Viele würden sich freuen, wenn jemand wie Sie wieder an diese guten Zeiten – zumindest atmosphärisch – anknüpfen könnte!

Ich hoffe, das gelingt uns. Ich bringe die Erfahrung meiner Zeit im W139 Amsterdam mit. Das ist so ein energetischer Hotspot für Kunst. Da treffen sich die Produzentinnen, jede Eröffnung ist ein großes Fest. Diese Dynamik dort wird in Wien für mich als Beispiel wirken. Ich will aber keine falschen Erwartungen wecken.

Sie haben erst einmal andere Sorgen, oder?

Richtig. Wir müssen da jetzt erst mal eine Generalsanierung durchführen, und wir werden anschließend ein ganz neues Gebäude beziehen. Das heißt, wir werden auch eine Form neuer Professionalität finden müssen, auch wenn die pikanterweise unflexibel macht. Ich werde aber schon noch einmal nachverhandeln, damit wir unsere Flexibilität im Betriebsablauf des Künstlerhauses größtmöglich erhalten. Die sogenannte „Factory“, die im Künstlerhaus entsteht, soll etwa einen externen Eingang bekommen, damit Besucherinnen aus gebäudetechnischen Gründen nicht gezwungen sind, bei Veranstaltungen schon um 21 Uhr das Haus zu verlassen.

„Wir werden nachverhandeln müssen!“

Sie können also noch in den ganzen Prozess Künstlerhaus eingreifen?

Hoffentlich. Das werden die kommenden Wochen zeigen.

Es gibt das Erdgeschoss, das bespielt ja jetzt die Albertina mit der Sammlung Essl. Wer ist dafür verantwortlich? Der Direktor der Albertina, Albrecht Schröder? Wird das dann sozusagen unten die alte und oben die junge Abteilung?

Es ist ja so, dass das Haus zu hundert Prozent uns gehörte. Jetzt sind wir nur noch Minderheitenbesitzer, der größere Teil gehört der Haselsteiner Familien-Privatstiftung. Und die übergibt einen Teil des Hauses an die Albertina als Nutzerin, die mit ihren kuratorischen Teams das Erdgeschoss bespielt. Wir erhalten den oberen Stock mit der neu entstehenden „Factory“, ein Veranstaltungszentrum und ein Fabrikraum der aktuellen Kunstdiskurse.

Das Erdgeschoss dürfen Sie benutzen, oder wird das dann ausschließlich von der Albertina verwaltet?

Es war auch in den vergangenen Dekaden nie so, dass wir das ganze Haus hatten. Immer wieder kam es zu Vermietungen. Unterm Strich werden wir in Zukunft im Haus präsenter sein können als in der Zeit vor der Generalsanierung. Die Etage unten wird aber von nun an die Albertina nutzen. Es gibt allerdings die Idee, das beide – die Albertina, wie auch wir – zyklisch das ganze Haus bespielen. Das bleibt aber noch genau auszuhandeln.

In Absprache mit Ihnen?

Erst mal in Absprache mit der Betriebsgesellschaft, in der die Haselsteiner-Stiftung zu 74 Prozent und wir zu 26 Prozent vertreten sind. Aber wir reden natürlich miteinander. Wir sind in der Programmgestaltung aber vollkommen autonom. Das macht anders auch keinen Sinn. Die haben ihren Blick zurück, wir konzentrieren uns oben auf zeitgenössische Produktionen. Wir begegnen uns auf Augenhöhe und in gegenseitigem Respekt. Schließlich profitieren wir voneinander in beide Richtungen. Die Albertina hat ihre Erfolgsgeschichte, und auch wir sind ein ganz schön stolzer Verein und Mitbegründer dieses Ortes.

„Ich stehe mit meinen Referenzen für Zuspitzung! In die Breite zu arbeiten finde ich schwach.“

Nun steht da noch eine 500-köpfige Künstlerschaft im Raum. Sie gelten ja als Künstlerkurator. Wird das dann heißen, dass Werke von dieser Künstlerschaft genommen werden müssen, oder sind Sie dann frei genug, dass man auch internationale Positionen mit einladen kann und diese in den Kontext dazu stellt?

Mir geht es um Kooperation und nicht darum, wer hier wie sein Anliegen durchsetzt. Diese 500 Künstlerinnen haben ja Gremien im Künstlerhaus. Es gibt einen großen Überbau an Gremien in dieser Gesellschaft, und im Moment ist die Herausforderung, diese erst einmal wieder ins Gespräch  miteinander zu bringen. Ich entwickle dann mit dem Programmausschuss gemeinsam Ausstellungen.

Die waren in den vergangenen Jahren aber selten wahnsinnig spannend!

Das höre ich leider häufig. Sicherlich tragen die Open Calls dazu bei und wir müssen das System hinterfragen. Meine Aufgabe ist es, für eine Profilierung des Programms zu sorgen, auch damit nicht alles in Fragen der internen Beteiligung ertrinkt. Ich möchte den Schwerpunkt in der Programmentwicklung wieder auf Formen und Inhalte legen. Es geht mir um die uns eigenen Fragen der künstlerischen Produktion. Einreichungen können eine Schau dann ergänzen. Was ich mir wünsche, sind Präsentationen, die klare Polaritäten haben, das Publikum positionieren. Ich selber stehe mit meinen Referenzen der vergangenen 15 Jahre für Zuspitzung!  In die Breite zu arbeiten finde ich schwach. Aber ich kann da jetzt nicht weiter vorgreifen, da stehen noch gemeinsame Findungsprozesse und Entscheidungen aus.

Was hat Sie daran gereizt, nach Wien zu kommen?

Ich bin im besten Sinne Europäer. Seit Jahren pendle ich zwischen den Orten: von Amsterdam, wo meine zwei Söhne, 9 und 13 Jahre alt, leben, über Berlin, wo ich mit meiner neuen Partnerin und unserem Baby lebe, und dem verschlafenen Ort Worpswede, in dem ich die vergangenen vier Jahre eine Künstlerresidenz wiederaufgebaut habe. Wien war nun eine sehr attraktive Option, um die Erfahrungen meiner einzelnen Stationen zusammenzuführen.
 

Und meine Partnerin ist Künstlerin. So ein Umzug mit Familie stellt große Herausforderungen an diese Konstruktion, in der beide Partner ihr berufliches Leben haben. Wien bietet auch ihr viele Möglichkeiten. Und wir wollen das Konstrukt der Kleinfamilie erweitern und suchen auch im Privaten das Kollektiv. Wir halten ab Sommer tatsächlich Ausschau nach einer 5- bis 6-Zimmer-Wohnung in Wien – das kann gerne im Interview stehen!

„In Holland wird Kultur von Rechtspopulisten als ,linkes Hobby‘ beschimpft.“

Wien liegt aber nicht gerade auf der Strecke …

Nein, es liegt nicht auf der Strecke, aber es hat eine gute Flugverbindung nach Berlin und Amsterdam mit easyJet. Die langen Zugfahrten werde ich vermissen. Zwischen Worpswede, Amsterdam und Berlin bin ich immer im Dreieck mit dem Zug unterwegs gewesen. Da kann man schön arbeiten. Kunst wird natürlich in den Metropolen verhandelt, und da war mir schon wichtig, dass ich nicht in einer Kleinstadt lande.

Wie wird Wien als Ort der Kunst international wahrgenommen?

Es heißt, in Wien kann man sich die Mieten als Künstler noch leisten, im Gegensatz zu Amsterdam, Brüssel, London und leider auch zunehmend Berlin, wo Künstlerinnen teilweise in extrem prekären Verhältnissen leben. Das Niveau der Ausbildungs- und Ausstellungsinstitutionen ist hier sehr hoch. Wien ist bekannt dafür, dass der Kunst- und Kulturbetrieb noch eine Schätzung erfährt. 

In Holland, wo ich zuletzt war, wird Kultur von Rechtspopulisten als „linkes Hobby“ beschimpft. Die gaben sich anti-elitär zu Gunsten ihrer eigenen Eliten. In Wien scheinen mir Kunst und Kultur deutlich tiefer in der Gesellschaft verankert und verwurzelt – trotz der rechten Gesinnung in großen Teilen der Gesellschaft. Das kann ich in meinen Beobachtungen bei Eröffnungen und Theaterbesuchen schon bestätigen.

Da kommen wir gleich zur aktuellen Kulturpolitik in diesem rechts regierten Land ...

Die aktuelle politische Situation, nicht nur in Österreich, bewegt mich sehr. Und sie erinnert mich nebenbei sehr an die Zeit, als ich 2010 nach Holland gekommen bin, um den damals sehr gut finanzierten Art Space W139 zu leiten. Der wurde in den folgenden drei Jahren radikal im Budget runtergeschnitten. Da schauen wir beim Künstlerhaus jetzt ganz genau drauf, gerade weil wir ja die Hälfte unserer Mittel vom Bund bekommen. Aber der Rechtsruck bewegt mich natürlich nicht nur aus Budgetgründen, denn ich möchte das Künstlerhaus auch verstärkt wieder am gesellschaftlichen Leben beteiligt sehen.

„Manfred Deix, Wiener Aktionisten, Thomas Bernhard ... wo findet man deren Bissigkeit aktuell in Österreich?“

Was reizt Sie an Wien?

Durch meine unterschiedlichen Arbeitsorte habe ich gelernt, dass es Lokalität in der Kunst durchaus noch gibt, trotz aller Internationalität des Kunstbetriebes. So bin ich gerade auch auf der Suche nach dem spezifisch Wienerischen. Wie wird hier Künstlerisches mit dem Politischen verbunden? Wenn man die Wahlen anschaut, hat man den Eindruck, es gibt in Österreich momentan überhaupt keine Linke. Gleichzeitig kennt man aus der Geschichte einen österreichischen Kulturbetrieb, der sich doch unheimlich bissig darstellen kann: Ich denke an Manfred Deix, die Wiener Aktionisten, an Thomas Bernhard, Elfriede Jelinek und so weiter. Wo findet man solche Bissigkeit aktuell in Wien und Österreich?

Wo suchen Sie danach?

Ich klappere erst einmal die großen Ausstellungsorte ab, dann die Projekträume und gehe oft ins Theater, weil ich nach wie vor eine große Liebe für die darstellenden Künste hege. Ich sehe mir gerade sehr viel Performances an. Ich erlebe bei Theater, Tanz und Performance derzeit ebendiese bereits genannte, sehr anregende Zuspitzung, mehr als in der bildenden Kunst. Damit meine ich eine direkte Interaktion mit dem Publikum, sei es in Form von Buhrufen oder Applaus, der Moment, wo die Kunst und das Publikum sich gegenseitig positionieren müssen. Das macht Spaß! So toll, dass wir im Künstlerhaus auch das Theater brut und das Stadtkino mit seinem Independent-Cinema-Programm unter einem Dach haben.

Sie haben selbst eine künstlerische Ausbildung. Verraten Sie uns doch ein klein wenig Persönliches!

Ich bin ausgebildeter Ofenbauer und habe tatsächlich lange als Handwerker gearbeitet und erst sehr spät – mit 29 Jahren – Kunst in Hamburg zu studieren begonnen. Ich bin gebürtiger Bremer, gefühlte Heimat ist Hamburg. Ich bin der Älteste von drei Brüdern, die übrigens alle mindestens phasenweise irgendwie in der Kunst gelandet sind. Meine Eltern hatten mit Kunst aber nie was am Hut und sind ganz einfache Leute. 
 

Durch meinen praktischen Background kann ich mit Künstlerinnen gut und teamorientiert zusammenarbeiten. Ich studiere die Künstlerinnen nicht, wie man so sagt, diese Distanz hatte ich nie, sondern ich produziere mit ihnen gemeinsam. Das macht für das Künstlerhaus vielleicht meine Qualität aus.

„Dieses Sich-durchsetzen-Müssen, diese Vereinzelung als Künstlerin nach der Akademie nervt doch.“

Ist der Konflikt nicht schon vorprogrammiert, wenn 500 Künstlerhaus-Mitglieder den gleichen Stimmenwert haben? Wenn man eine Position davon ausstellt, fühlen sich dann immer 499 ausgeschlossen?

Jede Karriere einer Künstlerin wird in der Regel von Ausschlüssen geprägt. Das kann die Gesellschaft mit dem Künstlerhaus nicht kompensieren. Es bringt auch keiner Künstlerin was, in einer Ausstellung vertreten zu sein, nur um drin zu sein, die dann nachher nicht besprochen oder nicht von Besucherinnen gesehen wird. Ich setze auf Kooperation und Gemeinschaft, ohne das alle notwendigerweise in Ausstellungen auftauchen müssen. Dieses Sich-durchsetzen-Müssen, diese Vereinzelung als Künstlerin nach der Akademie nervt doch. Da müssen wir nicht auch noch unter uns die Messer wetzen, um für den Lebenslauf Teil einer Gruppenausstellung mit tausenden Namen unter einem scheinbar beliebigen Thema zu sein. Das kann’s doch nicht sein!

Können wir erwarten, dass in Zukunft bei Ihnen Künstlerinnen aus Amsterdam oder Berlin mit eingeladen werden, oder wird das eine rein lokale Geschichte?

Unbedingt! Das ist ein großer Wunsch – vom Vorstand zumindest! Auch die Mitglieder haben ein großes Bedürfnis nach Vernetzung. Angesicht der politischen Situation könnten vielleicht einige eine Art Protektionismus verlangen, dass das jetzt eine Institution der österreichischen bildenden Künstlerinnen wird. Wer für so etwas eintritt, hat auf jeden Fall ein Problem mit mir, weil der Kunstbetrieb per se international ist und den internationalen Austausch braucht. Selbst wenn wir lokale Künstlerinnen zeigen, müssen sie sich diesem Außerhalb stellen.

Haben Sie in Wien schon einmal gearbeitet oder gelebt?

Wien ist für mich wirklich komplett neu. Ich war beruflich erst zweimal in der Stadt, öfter nicht. Ihr ausgenommen guter Ruf eilt ihr voraus – aber übrigens auch ihr Ruf, sich leidenschaftlich zu streiten. Ich habe während meines Studiums sechs Jahre in einem Hamburger Café gearbeitet, das versucht hat, die Wiener Kaffeehäuser zu imitieren. Daraus ist bei mir eine große Liebe zu solchen Orten entstanden. Ich versuche, möglichst jedes Treffen in ein Kaffeehaus zu verlegen und würde manchmal gerne wieder selbst servieren (lacht). 

„Mit der Präsentation von Sammlungen tue ich mich sehr schwer.“

Gibt es Dinge, die Sie so nicht erwartet hätten?

Dieser wirklich augenfällige Reichtum der Stadt. Es wirkt alles so unglaublich heil und aufgeräumt hier. Es gibt kaum Graffiti auf den Wänden, Hamburg und Berlin haben da schon mehr schmuddelige Ecken.

Gibt es Momente, in denen Sie der Kunstbetrieb nervt?

Es ist immer dann schwierig, wenn ich das Gefühl habe, es geht nur noch um eine symbolische Zuschreibung der Kunst, wenn etwa das Sehen einer Ausstellung die Message ist. Ich gehe eigentlich auch nicht auf Messen, weil mich Kontexte interessieren. Auch mit der Präsentation von Sammlungen tue ich mir ehrlich gesagt sehr schwer. Da ist immer diese unglaublich große Egozentrik des Kapitals mit im Raum, die mir unheimlich ist.  

Das klingt nach Konfliktstoff, das Essl- und bestimmt auch das Schröder-Ego werden in Ihrem Haus sehr präsent sein, ob Sie wollen oder nicht!

Ich freue mich gerade wegen dieser Gegensätzlichkeit sehr auf die Zusammenarbeit. Um das Sammeln besser zu verstehen, habe ich in Amsterdam im W139 einen Collectors Course initiiert. Das war ein exklusiver Kreis am Kunstsammeln interessierter Bürgerinnen. Wir haben etablierte Sammlerinnen eingeladen, um über ihre Interessen zu erzählen. Gerade mit der Albertina im Haus könnte das doch auch hier im Künstlerhaus eine gute gemeinsame Sache sein. Künstlerinnen, ihre Förderinnen und Liebhaberinnen zusammenzubringen, war doch schließlich so etwas wie die Gründungsidee des Künstlerhauses.

Ich danke Ihnen für Ihre Zeit. Herzlich willkommen in Wien!

Tim Voss (Jg. 1968) studierte visuelle Kommunikation an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und ist seit 2006 in leitenden Positionen tätig: Kunstverein Harburger Bahnhof, W139 Amsterdam und Künstlerhäuser Worpswede. Er setzte sich unter 62 internationalen Mitbewerberinnen durch und ist seit Februar 2018 künstlerischer Leiter des Künstlerhauses Wien. Ab Herbst wird er mit seiner Familie nach Wien ziehen. Ab Frühjahr 2019 wird das Haus nach seiner Generalsanierung am Karlsplatz wiedereröffnet. 

www.k-haus.at

Der Künstler & Anwalt

Text: Antje Mayer-Salvi

Der Wiener Guido Kucsko ist ein international erfolgreicher Künstler, Anwalt und Honorar-Professor für Geistiges Eigentum. Bei seinen Vorlesungen am Juridicum kann es schon mal passieren, dass er spontan ein Zauberkunststück zum Besten gibt. Wann ist eine Idee einzigartig? Haben wir ein Copyright auf unsere Handschrift? Kann Künstliche Intelligenz Schöpferin geistigen Eigentums sein? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Kucsko nicht nur in seiner Kanzlei, sondern auch in seinem Atelier.