Textilien als Kunstprojekt
Ein Clear Comeback für ausrangierte Mode haben Maximilian Mauracher und Maria Scharl geplant. Dabei verwendet das Künstler-Duo alte Kleidungsstücke von Willhaben, bleicht diese und formt sie so um, dass sie ihre ursprüngliche Identität verlieren. Dahinter steht die Frage, wie man aus Mode ein anderes Objekt machen kann?
"Jedes Kleidungsstück gibt einen gewissen Charakter vor!"
Wieso fandet Ihr es interessant, der aussortierten Mode ein Comeback zu geben?
Maximilian: Natürlich steckt da auch eine Wertfrage dahinter. Wenn du auf willhaben so einen 30er-Pack Klamotten mit random Zeug um 12 Euro bekommst, was ist dann eigentlich ein Teil wert? Und wie kann man, wenn man diesem Teil alles nimmt, was ihm früher Wert gab, den Wert sogar erhöhen als Kunstobjekt? Es geht um eine völlige Umschreibung.
"Altes und Neues mischen und damit beidem eine gleiche Wertigkeit zu zusprechen!"
Irgendwelche skurrilen Erlebnisse bei Eurer willhaben-Suche?
Maria: Skurril jetzt nicht, aber man lernt ganz schöne Ecken von Wien kennen. Die Leute sind alle extrem freundlich und dankbar auf beiden Seiten, dass das alles so privat klappt. Das ist sind eigentlich schöne Erlebnisse.
Wenn Kleidung Identität schafft, ist Secondhandkleidung tragen dann ein bisschen wie in die Identität von jemand anderen reinzuschlüpfen?
Maria: Und den man auch gut mischen kann. Das finde ich interessant an Second Hand, Altes und Neues zu mischen und damit auch beidem eine gleiche Wertigkeit zu zusprechen.
"Haare sind Zeichen der Gesundheit, können aber auch abstoßend sein!"
Gibt es eine Farbe, die Ihr zu einem bestimmten Gefühl tragt?
Maria: Ich trage auch kaum Farben, allerdings auch keine starken Kontraste. Ich finde leichte Kontraste spannend und dass eine Farbe viele verschiedene Abtönungen hat.
Wieso Haare?
Marie-Therese: Ich bin bei meinen Recherchen auf Julia Kristevas Theorie des Abjects gestoßen, die in den 80-ern entwickelt wurde. Das “Abject” ist eigentlich das Gegenteil zum Objekt der Begierde, also das Abstoßende und Ekelerregende. Und interessant fand ich, dass Haare eigentlich beides in sich tragen. Einerseits sind sie Zeichen der Gesundheit und Weiblichkeit, andererseits sind sie aber abstoßend wenn man sie „out of place“ nimmt und an den falschen Ort gibt. Mit dem wollte ich spielen, weil es sehr reich an Bedeutung ist.
Einen Fashion-Film, der sich nicht nur mit Fashion auseinandersetzt, wollte Marie-Therese Hildenbrandt machen. In "Abjective" geht es um Haare als großer Teil der Beauty- und Fashionindustrie und auch als Träger kultureller Identität.
"Die hat Achselhaare, die ist ein Hippie!"
Glaubst Du, dass der Diskurs um weibliche Körperbehaarung in letzter Zeit ein bisschen aufbricht?
Marie-Therese: Ja, auf jeden Fall. Es gibt ja auch diese Hashtags #freeyourpits und solche Sachen. Ich merke in London, dass mit dem Thema Körperbehaarung viel freier umgegangen wird und es eine Art weibliche Befreiung gibt. Es gibt so viele soziale Stigmen wie “Ach, die hat Achselhaare, die ist ein Hippie”, negative, wie auch positive Assoziationen zu Haaren. Die lösen sich gerade ein bisschen auf, weil so ein Drang zur Freiheit herrscht.
Muss man als Feministin Körperbehaarung haben?
Marie-Therese: Ich tue mir generell ein bisschen schwer mit dem Begriff Feminismus und solchen Dingen wie dem Women’s Day, weil ich finde, dass man die Frau damit wieder mehr zur Randgruppe macht, statt Akzeptanz zu schaffen. Ich glaube, dass jede Frau, egal ob Feministin oder nicht, das Recht auf freie Entscheidung hat, das ist eigentlich das Wichtigste. So wie die Entscheidung, welchen Beruf man lernen möchte, ist das auch mit den Haaren. Das Wichtige ist der freie Wille, ohne sich darüber Gedanken zu machen, fällt es jetzt in dieses oder jenes Thema.
Versteckst Du Dich selbst gerne hinter Deinen Haaren?
Marie-Therese: Ja! Sehr gerne. Manchmal möchte man sich irgendwie verstecken und die Haare sind ja auch ein Schutzmechanismus des Körpers vor der Umwelt. Enthaarung ist so gesehen absurd, da man sich dadurch eigentlich noch viel mehr preisgibt, indem man eigentlich ein Organ entfernt. Ein Organ, das tote Materie ist.
Wo trägt man die mutigeren Frisuren, in London oder in Wien?
Marie-Therese: Auf jeden Fall in London. An Frisuren gibt es hier sehr viel zu sehen. Es ist generell sehr frei in London, es verurteilt einen niemand aufgrund seines Aussehens, weil hier so viele Menschen auf einem Haufen leben, man könnte ja gar nicht aufhören, zu verurteilen.
Dieses Interview entstand in Kooperation mit dem Take Festival Blog http://take-festival.com/blog/.