"DADADADADADADADADADADADADADADADADADADAich hier. wo du?"
An zwei gegenüberliegenden
Wänden werden auf der einen Seite die ausgearbeiteten, analogen
Fotografien von Wiedermann zu sehen sein. Auf der anderen Seite die fünfzig
Prototypen der Kollektion von Moritz Gottschalk.
Moritz Gottschalk & Sophia Patzer
Christoph Jelinek: Moritz, heuer arbeitest Du mit Sophia Patzer zusammen. Wie kam es dazu?
Moritz Gottschalk: Wir haben uns auf der Vernissage einer Ausstellung kennengelernt, bei der ich auch ausgestellt habe. Sophia hat dort fotografiert. Wir sind ins Gespräch gekommen, und es hat eigentlich gleich gefunkt. Wir haben uns gut verstanden, und uns gegenseitig über unsere Arbeiten ausgetauscht. Ich war total begeistert von ihren analogen Fotografien und habe sofort gewusst, dass ich das für mein Projekt brauche. Im Laufe der Zusammenarbeit hat sich eine Freundschaft entwickelt. Man könnte sagen, wir haben ein sehr tiefes Verständnis füreinander.
"Die Bilder sind Unikate, so wie die Outfits der Kollektion!"
Sophia, spezialisierst du dich vorranging auf analoge Fotografie?
Sophia Patzer: Ja, ich fotografiere nur analog. Das ist einfach ein ganz anderes Gefühl. Die Arbeit und das Ergebnis sind intensiver als in der digitalen Fotografie. Für mich ist es einfach eine Art Lebensgefühl.
Moritz Gottschalk fotografiert von Sophia Patzer.
Warum eignet sich gerade die analoge Fotografie für dieses Projekt?
Moritz: Eine große Rolle spielt dabei die Nachhaltigkeit und das man darauf bedacht ist, nicht alles gleich zu löschen oder wegzuschmeißen. Man muss sich bei jedem Foto genau überlegen, was man haben will und das tut sie. Also Sophia lässt sich wirklich mehr als fünf Minuten Zeit, bevor sie das Foto macht. Ich habe mal mit einer Fotografin zusammengearbeitet, die 2.000 Fotos gemacht hat. Es war wirklich mega-anstrengend, die ganzen Fotos durchzuschauen und dann folgt auch noch das Bearbeiten. Es ist einfach das Gefühl, das dabei rüberkommt, und dass alles noch mechanisch funktioniert. Das Entwickeln, das Papier – einfach der ganze Prozess, der bei der digitalen Fotografie wegfällt.
Sophia: Die Bilder sind Unikate, so wie die Outfits der Kollektion.
"Prothesen für die Seelen!"
Machst Du hauptsächlich Modefotos?
Sophia: Nein, gar nicht. Ich denke das ist auch der Grund, warum Moritz mich als Fotografin gewählt hat.
Moritz: Ja, genau. Eben weil sie nicht aus der Modefotografie kommt. Was ich bei ihren Arbeiten gesehen habe war, dass sie sich sehr für Menschen interessiert und sich gut in diese hinein versetzen kann. Die Models, die wir ausgewählt haben, sind auch spannende Charaktere.
Wo seht Ihr Parallelen in Euren Arbeiten?
Moritz: Ich lasse nichts produzieren, sondern mache das Kleidungsstück vom Anfang bis zum Ende selbst. Ich weiß, wie das Kleidungsstück funktioniert, weil ich ja auch die Stoffe selbst aussuche. So wie sich Sophia das Motiv aussucht. Es geht dabei um das Sehen und Fühlen und das gibt die analoge Fotografie ja vor. Deshalb ist die Haptik und das analoge Ausarbeiten auf jeden Fall eine Gemeinsamkeit.
Sophia: Ich denke, es ist die Sensibilität, die wir beide auf unsere Art und Weise beim Arbeiten ausleben. Moritz beim Kleider machen und ich beim Fotografieren.
"Man kann Ressourcen sparen, auch wenn man opulent arbeitet."
Der Subtitel Eures Projektes lautet “Prothesen für die Seelen”. Was kann man sich darunter vorstellen?
Moritz: Als ich angefangen habe, an der Kollektion zu arbeiten, war der Dadaismus das Thema. Es ging für mich sehr um diese zerüttelte Zeit, den Krieg und die Nachkriegszeit. In dieser Epoche wurden Seelen und Körper angegriffen und verletzt. Verletzte haben Prothesen für Arme und Beine bekommen, die Seele ist aber oft auf der Strecke geblieben. Heute leben wir in einer Konsumgesellschaft und nutzen das Kaufen oft, um zu vergessen oder sich zu belohnen. Eben für die Seele. Durch meine Kleidung kann auf Grund der speziellen Formen auch eine Erweiterung oder Ergänzung des Körpers darstellen. Deshalb der Ausdruck “Prothese”.
Was wollt Ihr den Besuchern mit dem Projekt vermitteln?
Moritz: Auf jeden Fall den Aspekt der Nachhaltigkeit. Man kann Ressourcen sparen, auch wenn man opulent arbeitet. Ich habe darauf geachtet, dass die Materialien hochwertig sind, und wenn man sich selbst dazu entscheidet, etwas Teures zu kaufen, dann kauft man es im Endeffekt billig, weil man viel länger etwas davon hat.
Wo würdet Ihr im Moment am liebsten die Seele baumeln lassen?
Sophia: Ostsee!
Moritz: Um an meinem neuen Projekt zu arbeiten, hätte ich gerne eine Blase, in der ich verschwinden kann. Da könnte ich bestimmt meine Seele baumeln lassen.