Das Meer in Wien im Kopf
Nadine Cordial Settele lebt und arbeitet in Wien und hat für uns viele Porträts fotografiert. Eigentlich wollten wir ein kurzes Porträt über unsere Fotografin Nadine schreiben, aber als wir gelesen haben, was sie uns schreibt, konnten wir schlichtweg nichts mehr hinzufügen. Lesen Sie selbst was Sie uns auf unsere Fragen antwortete:
"Ein Foto ist oft schöner als die Wahrheit."
Zu den meisten meiner Fotos kann ich gar nicht großartig viel hinzufügen. Ich mache Fotos ja, weil ich eher ein visueller Mensch bin und viele Sachen besser mit Fotos ausdrücken kann. Ich finde es schön, wenn die Bilder für sich selbst sprechen und jeder Betrachter ein bisschen etwas Anderes darin sieht. Oft ist das ja schöner als die Wahrheit. Manchmal entstehen zum Beispiel die tollsten, romantischsten Fotos in einem Streit oder hinter einer Autobahnraststätte. Aber das ist die Illusion, die Dinge oft besonders macht.
Ich bin halb philippinisch, halb deutsch und in Ulm aufgewachsen. Bald reise ich auf die Philippinen, wo ich eine riesengroße Familie habe. Das ist irgendwie ein Zuhause und trotzdem alles jedes Mal so neu. Ich kann’s kaum erwarten dort zu fotografieren. Ein anderes Licht, andere Farben und Menschen, die mir viel bedeuten. Ich habe internationale Wirtschaft studiert und war dafür auch eine Zeit lang in Paris und Vancouver.
Das war schön, trotzdem freu ich mich immer zurück nach Wien zu kommen. Man spürt einfach, dass diese Stadt schon so viel gesehen hat. Was es an Kunst und Kultur zu entdecken gibt, ist endlos. Und dann hat Wien einfach so Charakter, ist nicht nur nett oder nur schön. Das wird nie langweilig. Ich bin gerne hergezogen und habe es jetzt fünf Jahre später immer noch nicht bereut.
"Ich habe einen Drang, Momente einzufrieren."
Wien überrascht einen ständig - letztens war ich zum Beispiel am Friedhof der Namenlosen und es kamen uns Leute mit vielen weißen Blumen entgegen. Der Strom an Menschen hörte gar nicht mehr auf. Die Blumen haben sie dann im Wasser ausgesetzt. Das war schon beeindruckend. Ich habe dann später herausgefunden, dass das jedes Jahr zur Erinnerung an all jene, die in der Donau ertrunken sind, veranstaltet wird.
Das einzige was mir an Wien wirklich fehlt ist das Meer. Die Donauinsel ist super, aber kein Ersatz. Die Luft und der Wind sind am Meer einfach anders und ich vermisse es jede Sekunde.
Ich fotografiere lieber analog statt digital – Ich kann nicht genau beantworten, warum. Die analogen Fotos sehen „richtig“ aus für mich, so wie ich es mir eben vorstelle. Ich habe den Drang, Momente einzufrieren, um die Momente in Form von Fotos dann in Ruhe betrachten zu können. Erst wenn ich Fotos gemacht habe, kann ich mich ganz intensiv an Erlebtes erinnern. Ich hab als Kind schon immer den Fernsehbildschirm angehalten, um alles ganz genau anschauen zu können, vielleicht war das dasselbe.