Die Magierin

Digitally beautiful

Mit ihren digitalen Make-up-Filtern verwandelt die Pariser 3D-Künstlerin Ines Alpha Menschen in magische Wesen. Sie kollaboriert mit Marken wie Dior und Popgrößen wie Charli XCX. Ihre Kreationen waren schon in Magazinen wie VOGUE, WIRED und dem iD Magazine zu sehen. Wir sprechen mit ihr darüber, ob sich die Zukunft angesichts virtueller Haustiere, 3D-Kontaktlinsen und Expeditionen auf den Mars wie eine Black-Mirror-Folge anfühlen wird. 

Text: Pia Semorad

„Ich bin verrückt nach Nacktkiemern.“

Pia Semorad: Wie verschönerst Du Menschen mit Deinem digitalen Make-up?

Ines Alpha: Ich möchte Menschen nicht dem Schönheitsideal anpassen, sondern bewirken, dass sie sich durch meine 3D-Filter magisch und selbstsicher fühlen. Für mich ist jede Person schön, die sich mit ihrem Aussehen wohlfühlt, denn das ist der erste Schritt, um die eigene Schönheit mit der Welt zu teilen. Im Moment sind meine Filter nur auf Social Media anwendbar, aber in Zukunft hoffentlich auch im „echten“ Leben.

Langweilt Dich die Realität?

Es frustriert mich, dass hier in Paris alle nur Grau, Schwarz oder Dunkelblau tragen und unfreundlich sind. Warum kleiden sich Menschen nicht bunter? Farben sorgen für ein gutes Gefühl, Farben sind wie Frühling! Wenn wir es schaffen würden, 3D-Objekte in unser Leben zu integrieren, wäre das Magie pur für mich. Als ich begann, digitale Make-up-Filter zu kreieren, lag die alltägliche Anwendung davon noch in weiter Ferne. Mittlerweile können meine Kreationen mittels der Augmented-Reality-Facetracking- Software auf Plattformen wie Instagram und Snapchat in Echtzeit angewendet werden! In etwa fünf Jahren wird es vielleicht möglich sein, meine Filter durch Kontaktlinsen wahrzunehmen und AR-Haustiere zu haben. 

Welches Augmented-Reality-Haustier würdest Du Dir zulegen?

Ich bin verrückt nach Nacktkiemern! Das sind wunderschöne Seekreaturen, leider kann man sie nicht in einem Aquarium halten, ein AR-Nacktkiemer wäre aber wirklich cool. Vielleicht wird es eines Tages sogar möglich sein, digitale Tiere anzugreifen. Es wird bereits an Frequenzen gearbeitet, mit denen man Berührungen spürbar machen kann. 

„Zu viel Freiheit schreckt mich manchmal ab.“

Müssen wir die Umwelt noch retten, wenn wir sie einfach 3D animieren können?

Natürlich hätte ich lieber physische, glückliche Tiere! Ich will nicht, dass unser Leben eine dystopische Black-Mirror-Folge wird, aber ein digitales Tier würde das Leben schon spaßiger machen.

Wie entstehen Deine Filter?

Ich mag es, klare Vorgaben zu haben, zu viel Freiheit schreckt mich manchmal ab. Das liegt wohl daran, dass ich früher als Grafikdesignerin gearbeitet habe. Kollaborationen motivieren mich hingegen, für meinen letzten Klienten kreierte ich etwa ein 3D-Make-up inspiriert von Hefe, Pollen und Bakterien. Ohne den Auftrag wäre ich wohl nie auf diesen Gedanken gekommen!

Wie kamst Du dazu, 3D-Make-up zu kreieren?

Ich arbeitete als Art Direktorin in der Werbebranche, fühlte mich aber nie, als hätte ich das Zeug zu einer Künstlerin. Ich hatte keinen Stil und keine Ästhetik! Eines Tages kam mir die Idee, 3D-Objekte auf Gesichtern zu modellieren und das digitale Make-up eröffnete mir komplett neue Möglichkeiten. Ich konnte Looks kreieren, die in der physischen Welt nicht möglich sind, denn meine animierten Arbeiten bewegen sich in einer Art und Weise, die die Schwerkraft nicht erlauben würde. 

„Dieser Größenwahnsinn macht mich verrückt.“

Was ist Deine Lieblingstextur?

Ich mag es, mit Texturen zu arbeiten, die mit richtigem Make-up schwer zu kreieren sind, wie etwa Transparenz oder Glanz. Meine Lieblingstextur ist die des Opals, der ist ein wenig transparent, ein wenig milchig und hat kleine, glänzende Flocken, die das Sonnenlicht reflektieren. Lustigerweise ist es wirklich schwierig, das ins Digitale zu übersetzen. Mein Ziel ist es, das noch hinzubekommen! 

Was frustriert Dich an der Technologie?

Mich ärgert, dass sie immer – aus irgendeinem Prinzip heraus – weiterentwickelt wird. Im Moment macht uns der technische Fortschritt nicht unbedingt glücklicher, es scheint eher, als wollten wir nur noch beweisen, wie gescheit wir Menschen sind. Warum wollen wir auf den Mars, sollten wir das Geld nicht lieber für die Rettung unseres Planeten Erde investieren?! Wenn man weiß, dass dieser Planet nicht für Menschen gemacht ist, wieso wollen wir dann Menschen dorthin schicken? Dieser Größenwahnsinn macht mich verrückt. 

„Magie pur“

Trägst Du digitale Mode?

Es gibt da gerade eine große Bewegung, aber im Moment bin ich noch kein Teil davon, weil digitale Kleidung nicht so gut tragbar ist wie 3D-Make-up. Die Technologie ist nicht weit genug fortgeschritten, um sie an Körperform und Größe anzupassen – Snapchat hat zwar eine Body-Tracking-Software veröffentlicht, mit der man digitale Kleider tragen kann, das sieht aber ein wenig merkwürdig aus.

Wie stellst Du Dir die Zukunft vor?

Neue Technologien werden meine Arbeit in neue Territorien pushen, vielleicht wird es möglich sein, 3D-Filter auf der Straße zu tragen und diese durch Kontaktlinsen wahrzunehmen! Ich hoffe aber, dass unsere Gesellschaft dann nicht noch toxischer und fixierter auf Schönheitsstandards wird und keine retuschierenden Beauty-Filter, sondern kreative Filter als Accessoires getragen werden, die uns diverser aussehen lassen!

Vielen Dank für das Interview!


INES ALPHA ist eine 3D-KÜNSTLERIN mit Sitz in PARIS. Erste Erfahrungen mit 3D-Technologie sammelte sie als Art Direktorin in der Werbebranche. Sie kreiert Make-up-Filter mit Hilfe von 3D-Software und Augmented Reality, die auf Plattformen wie SNAPCHAT und INSTAGRAM angewendet werden können. Alpha kollaborierte unter anderem mit Marken wie BURBERRY, H&M, NIKE und DIOR , sowie mit der Popsängerin CHARLI XCX. Ihre Kreationen waren schon in Magazinen wie VOGUE, WIRED und iD Magazine zu sehen.

Die Digitalschneiderin

Text: Mandy Zaninovic

Das erste digitale Couture-Kleid des Amsterdamer Modelabels The Fabricant wurde für knapp 10.000 US-Dollar in New York versteigert. Obwohl es täuschend echt aussieht, existiert es nur virtuell. Mittlerweile erreicht das Unternehmen mit seinen digitalen Kollektionen und Accessoires Hundertausende Userinnen. Wir sprechen mit Amber Jae Slooten, Mitgründerin und Kreativdirektorin, über die Kunst des digitalen Schneiderns und die Frage, warum die Fashionwelt nicht mehr so weitermachen kann wie bisher.

Die Digital-Humanistin

Text: Viktoria Kirner, Antje Mayer-Salvi

Ein Artwork von Martina Lajczak

Wien gilt als eine der lebenswertesten Städte der Welt. Auch in Sachen Digitalisierung will die Donaumetropole international die Nummer eins sein. Ulrike Huemer war als Chief Information Officer fünf Jahre lang für die digitalen Agenden der Stadt Wien verantwortlich, im Juni wechselte sie als Magistratsdirektorin nach Linz. Wir haben mit ihr über „Digitalen Humanismus“, Seniorinnen mit Tablets, totale Überwachung und eine Gesellschaft, die aufeinander aufpassen muss, gesprochen – und dabei ganz schön viel gelernt. 

Mit Artworks von Susanna Hofer, Marie Haefner und Martina Lajczak.

Die Korsettmacherin

Text: Pia Semorad

Die junge Wahl-Berlinerin ALL AMIN dekonstruiert für ihr Fashion-Label HARAM, was auf Arabisch soviel wie „verboten“ heißt, so ziemlich alles, was ihr in die Hände fällt – und kreiert daraus tragbare Skulpturen, die sie auf ihrem Instagram-Account in Szene setzt. Ihre bizarren Korsagen aus gebrauchten Sneakern wurden sogar schon in der VOGUE und in der Cosmopolitan publiziert.