Die Stimme

funk-hommage im freshen outfit

Die in Israel geborene und in Brooklyn aufgewachsene Noa Ben-Gur aka Playing Savage ist einer DER Neuentdeckungen der Wiener Musikszene. 2015 gewann die glamouröse Funk-Rock-Diva den Amadeus Austrian Music Award in der Kategorie „Songwriter des Jahres“ für den Song Leya. Sie besitzt eine Stimme wie ein schottischer Whiskey: rauchig, facettenreich und mit gehörig Punch. Mit Wanda-Produzenten Paul Gallister produzierte sie ihr Debütalbum Wild, das am 15. Oktober rausgekommen ist.

Noa Ben-Gur: Willst Du mich als Mensch oder Playing Savage interviewen?

Werner Sturmberger: Es geht in unserem Magazin ja vor allem um Charaktere und dann erst um deren Projekte. Also ersteres!

"Wir brauchen neue Role-Models, die Frauen zeigen, dass sie sie selbst sein sollen."

Playing Savage ist ja nicht nur eine Bühnenperson. Es ist ein bisschen wie bei den großen Diven. Conchita Wurst ist ja auch nicht Tom. Playing Savage stellt den cooleren Teil von mir dar. (lacht). Sie hat eine coolere Stimme und scheißt sich weniger. Das befreit. Man kann ein bisschen verrückter sein auf der Bühne.

Sind die großen Diven des Popbusiness eine Inspiration für Dich?

Was mich an den großen Diven der vergangenen zehn Jahren stört, ist, dass sie sich immer so verletzt und nachdenklich geben – Adele oder Amy Winehouse zum Beispiel. Wo bleibt die Selbstsicherheit? Wir brauchen neue Role-Models, die Frauen zeigen, dass sie sie selbst sein sollen. Lady Gaga ist eine der wenigen, die das anders macht, die eine mutige eigene Sprache kreiert hat. Ich sehe mich als Teil einer neuen Welle von Frauen wie Jennifer Lawrence oder Amy Schumer, die eine andere Art von Schönheit verkörpern, die intelligent und lustig sind. Sie hören nicht auf das, was andere Leute sagen. Sie machen ihr eigenes Ding. Ich glaube, sowas braucht Österreich. (lacht)

"Mit 12 Jahren bekam ich eine Gitarre geschenkt und fing an, Songs zu schreiben!"

Nach Deiner großartigen Single „Bigger“ soll jetzt alles ja noch bigger werden. Gibt es Vorbilder?

Ich finde Madonna inspirierend. Sie ist ein starker Charakter und war immer am kämpfen, um ihre Karriere ohne reiche Eltern zu schaffen. Ich habe den Eindruck, dass diese Art Frauen aus der Mainstreamkultur verschwunden sind. Heute müssen sie ihre softere Seite zeigen und feminin bleiben. Es existieren aber viele unterschiedliche Wege feminin zu sein. Der größte Erfolg des Feminismus ist es vielleicht, dass Frauen auch lustig sein dürfen. Das gab es immer wieder vereinzelt, aber nun tauchen wieder starke Frauen auf, die sich trauen, lustig zu sein. Bestes Beispiel ist die US-amerikanische Sitcom Broad City (Anm.: Die Handlung begleitet zwei  Frauen in ihren Mitzwanzigern, die auf durchwegs schrullige Weise alltägliche Missgeschicke im Dschungel von New York City bestehen...) Das ist eigentlich genau meine Beziehung mit meiner besten Freundin. Manche dieser Szenen sind in meinem Leben wirklich passiert!

Auf der Bühne transportierst Du das Divenhafte ja auch über Deine extravaganten Outfits. Ist Dir Mode auch privat wichtig?

Ja, ich bin schon sehr modeaffin. Das macht ein Teil von mir aus. Ich finde spannend, mit Künstlerinnen aus anderen Sparten zusammenzuarbeiten. Zum Beispiel mit dem österreichischen Label DMMJK. Am Cover trage ich eine Jacke von denen. Ich mag ihre Sachen sehr gern, aber ich passe leider nicht in deren Hosen rein. Ich habe zu viel Arsch. (lacht) Ich arbeite auch mit Rani Bageria, und trage im Video eines ihrer Tops. Die anderen Outfits kommen von Daniel Frohmann, der arbeitet gerade an seinem Abschluss an der Angewandten in Wien. Daniela Schink hat meine Hosen und Röcke designt. Das ist eine sehr gute Freundin von mir und ein sehr lustiger Charakter. Und es hat auch extrem Spaß gemacht, mit dem Regisseur Tobias Pichler und den Jungs von Wildruf ein Konzept für das Video zu entwickeln. Auch die Shootings mit Philip Tsetinis sind immer etwas Besonderes.

"Wenn man Erfolg hat, dann hat man Erfolg, weil es eigenständig ist."

Was hat Dich nach Wien geführt?

Ich bin wegen der Liebe nach Wien gekommen. Dass ich da geblieben bin, war Schicksal. Ich wollte immer wieder weg, aber das Leben hat gesagt: "Nein, du bleibst hier." Ich wollte zurück nach New York, dann bekam ich den Plattenvertrag bei Seayou Records. Das ist innerhalb eines Monats passiert. Ich hatte schon den Flug gebucht.

Wie kam es dazu?

Ilias Dahimène, der Seayou-Chef, kam wegen eines Songs, den ich vergangenes Jahr aufgenommen hatte, auf mich zu. Ich produziere selbst auch ein bisschen. Wir einigten uns zusammen mit Paul Gallister, der auch Wanda produziert, dass meine Stimme im Mittelpunkt stehen sollte. Das Problem bei elektronischer Musik ist nämlich, dass man die Stimme nie gut hört. (lacht) Anders als bei elektronischer Musik, wurde meine Stimme hier nicht geschönt. Es ist schon alles mainstreamiger, aber in den Hipster-Korb kann man mich nicht damit schmeißen. Ich singe mit vollem Gefühl, weil ich meine Songs spüre. Damit geht man natürlich ein Risiko ein. Aber wenn man Erfolg hat, dann hat man Erfolg, weil es eigenständig ist.

Du singst auch deutlich tiefer als auf früheren Aufnahmen?

Vom Beginn des Projekts an wollte ich meine Stimme wiederfinden, weg von meiner klassischen Folkstimme. Mit 12 Jahren bekam ich eine Gitarre geschenkt und fing an, Songs zu schreiben, vor allem Singer-Songwriter-Folk. Dabei sang ich sehr hoch. Später absolvierte ich sogar eine Ausbildung als Sopranistin. Mit Mitte Zwanzig bekam ich so etwas wie einen Stimmbruch und konnte nicht mehr so hoch singen. Da war mir klar, dass ich eigentlich eine tiefe Stimme besitze. Statt Songs, die Leute zum Weinen bringen, singe ich jetzt lieber welche, die ihnen Energie schenken.

Hast Du einen speziellen Ort, an dem Du Songs schreibst?

Ich schreibe überall, beim Zufußgehen, beim Fahrradfahren, beim Bügeln oder Putzen. Die Hookline eines der Songs auf meinem Album habe ich geträumt. Ich habe mir beigebracht, mich aufzuwecken, wenn ich träume, um das dann gleich zu singen und aufzunehmen. Die Single „Bigger“ hab ich in einem Musikladen in Downtown Brooklyn fertig geschrieben. Ich wusste, wenn alle Homies in meine Richtung schauen, zuhören und mitnicken dann: I'm on to something! (lacht)

"Gute Kunst kann man nicht alleine machen. Hinter einem guten Song stehen viele Menschen."

Hast Du vorher auch schon Funk und Soul gemacht?

Nein, ich hatte noch keine Lieder in diesem Stil geschrieben. Ich hatte mich zwei Wochen lang hingesetzt und einfach Musik gehört: Michael Jackson, Nina Simone, James Brown, Aretha Franklin, Marvin Gaye, Tina Turner, Sly and The Family Stone, The Jackson Five. Jedes Lied vom Album ist eine Hommage an einen dieser Artists. Im Intro von Bigger gibt es sogar eine Referenz an Michael Jacksons Thriller. Funk ist einfach großartig, das bringt so viel positive Energie. Beim letzten Konzert hab ich mich sehr darüber gefreut, dass auch junge Mädels getanzt haben. Das ist immer ein gutes Zeichen, dass es groovet.

Kommst Du aus einer musikalischen Familie?

Nein, überhaupt nicht. Diese Leidenschaft steckte immer in mir. Meine Eltern hörten allerdings regelmäßig Musik. Wenn wir an Wochenenden Besuch bekamen, lief Musik. Viel klassische Musik, Peter und der Wolf, Nussknacker, Mozart Requiem, aber auch Beatles, Crosby, Stills, Nash & Young, Janis Joplin, Tracey Chapman oder Cuban Jazz.

Ist die Zusammenarbeit mit anderen Menschen für Dich wichtig?

Was ich mit der Zeit gelernt habe, ist, dass man gute Kunst nicht alleine machen kann. Hinter einem guten Song stehen viele Menschen. Ich musste auch erst verstehen, dass man die richtigen Partnerinnen finden muss. Das sind nicht die Menschen, die die gleichen Fähigkeiten besitzen wie ich. Mit denen würde das immer ein gewisser Kampf sein, weil jeder seinen Platz behaupten wollen würde. Es sind Menschen, die dich ausbalancieren.

Wo siehst Du Deine Stärken?

Songwriting, Lyrics, Performance. Ich bin eine People's Person. Ich rede gern mit jedem. Ich bin nicht cool (lacht). Wenn jemand denkt, er ist zu cool für mich, dann laufe ich dem Menschen nicht nach. Ich mache das, was mich glücklich macht und treffe gerne die Leute, die mich treffen wollen und die mich schätzen. Cool müssen sie nicht sein (lacht).

"Ich bin von Natur aus high."

Was ist in Wien für Dich anders als in New York?

New York bietet viel Inspiration, eine sehr intensive Stadt. Man kann sich dort jedoch schnell einsam fühlen, jeder muss dort ständig kämpfen. Vielleicht habe ich deshalb in dieser „Schau-ma-mal“-Mentalität einen kleinen Vorteil, weil ich das Kämpfen gewohnt bin. Ich will Resultate sehen! (lacht)

Du bist ja seit fünf Jahren hier. Fühlst du Dich wohl in Wien?

Ja, mein Freundeskreis ist groß, hier sind viele Leute, die mich unterstützen. Ohne diese Freundschaften hätten die meisten meiner Projekte nicht geklappt.

Die Wiener gelten ja als eher kontaktscheu?!

Sie haben einen harten Kern. Es hat ein Jahr gedauert, bis sich enge Freundschaften entwickelt haben. Ich glaube, die Wiener wollen eigentlich freundlich und heiter sein, aber niemand gibt ihnen die Chance dazu. Man muss halt durchhalten und stets lustig und nett sein. Irgendwann brechen sie dann. (lacht)

Welche Orte magst Du besonders in der Stadt?

Ich mag den öffentlichen Räum gern. Die Parks sind sehr gepflegt. Den Burggarten finde ich schön. Auch das Museumsquartier. Einfach das Konzept, dass sich viele Menschen im öffentlichen Raum treffen können. Ich habe Soziologie und Anthropologie studiert und eine Arbeit über Public Spaces geschrieben. Die Stadtplaner haben in Wien gut verstanden, wie man für Menschen plant. Die Wiener Kaffeehäuser sind natürlich auch so ein fantastischer öffentlicher Raum.

Lieber Kaffeehäuser als Bars?

Ich trinke nicht...so gern. (lacht). Ich hab mein Zwei-Drinks-Limit. Da hab ich dann einen leichten Mädels-Spitz. Das reicht vollkommen. Bei mehr würde ich nur müde. Das bringt mir nichts. Ich bin von Natur aus high. (lacht)

Noa Ben-Gur wurde in Israel geboren und ist in Brooklyn aufgewachsen. Teile ihrer Ausbildung verbrachte sie in Tel Aviv, wo sie Klassischen Gesang und Soziologie studiert hat. Seit fünf Jahren lebt sie in Wien und arbeitet als Songwriterin für unterschiedliche Künstlerinnen. 2015 gewann sie gemeinsam Thorsteinn Einarsson, Lukas Hillebrand und Alex Pohn den Amadeus Austrian Music Award in der Kategorie Songwriter des Jahres für den Song Leya.  Zur Zeit arbeitet sie mit Wanda-Produzenten Paul Gallister an ihrem Debütalbum „Wild“ unter dem Namen Playing Savage. Das Debütalbum ist ab 21. Oktober erhältlich.

Am 15. Oktober findet eine Releasekonzert mit Playing Savage im Kulturzentrum F23 ( ehemalige Sargfabrik) statt.

Hier das Video zu Playing Savage - Bigger (directed by Tobias Pichler)

Das Playing Savage Debütalbum mit den Titel "WILD" kann vorbestellt werden unter:
Itunes: http://apple.co/297x2Ho
CD: http://amzn.to/29xsQSQ
LP: http://amzn.to/29dZJpu

Kontakt:
Playing Savage
(Noa Ben-Gur)
+43 (0)699 160 73 429
PlayingSavage@gmail.com

https://seayou.bandcamp.com/track/playing-savage-bigger

www.seayourecords.com

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