Die Stylistin

Ein Nachmittagskaffee in New York

Die Österreicherin Sabina Schreder stylt Kampagnen für große internationale Labels wie H&M und Celine, arbeitet mit den besten Modefotografinnen der Welt zusammen, zieht Celebrities wie Amber Heard an und manchmal sogar Politikerinnen in Washington. Und sie malt. Wir trafen die Wahl-New-Yorkerin in ihrem Loft in Soho zu einem amüsanten Nachmittagskaffee.

Text: Antje Mayer-Salvi

„Mich fasziniert die Poesie japanischer Grafik."

Antje Mayer-Salvi: Danke für die Einladung. Kannst Du als Stylistin in New York österreichische Modedesignerinnen promoten?

Sabina Schreder: Ja, klar. Das Problem ist nur, dass deren Kollektionen in Wien und nicht hier in den USA sind. Den Wiener Designer Petar Petrov finde ich zum Beispiel super. Erst kürzlich habe ich einen Anzug von ihm geschenkt bekommen. Wenn ich mit dem in New York unterwegs bin, sprechen mich alle auf das Teil an.

Wir dürfen Hot news verraten! Du machst jetzt sogar selbst Mode?!

Ja, genau. Im Moment bin ich dabei, mein eigenes Label zu gründen. Es wird „Sabina“ heißen und spätestens im Frühling 2016 online und in ausgesuchten Boutiquen zu haben sein.

Dürfen wir schon mehr wissen?

Noch ist es geheim (lacht).

Wann hast Du eigentlich entschlossen, Stylistin zu werden?

Das habe ich nie wirklich entschlossen. Das hat sich zufällig ergeben. Ich bin mit 17 Jahren nach Wien gezogen, nach meiner Grafikausbildung an der Höheren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Linz. Ich war dann in der Modeklasse von Jean Charles de Castelbajac und Vivienne Westwood an der Universität für Angewandte Kunst. Nebenbei habe ich als Freelancerin bei Werbeagenturen wie GGK, Demner & Merlicek und DDB gejobbt. Mir war aber ziemlich bald klar, dass ich eigentlich keine Werberin bin. Mich faszinierte eher das Arbeiten mit Mode und Kleidung und die Poesie japanischer Grafik. Eigentlich wollte ich Malerei bei Arnulf Rainer studieren ...

„Mit Elfie Semotan hat meine Karriere eigentlich begonnen!"

Du malst?

Ich male und zeichne sehr gerne, aber eher für mich, vor allem Porträts von Freunden. Früher hatte ich das ganze Stiegenhaus in meinem Landhaus hier mit Bildern voll hängen.

Du besitzt noch ein Haus am Land? Beneidenswert!

Ja, in Upstate New York zusammen mit Elfie Semotan (bekannte österreichische Fotografin und Helmut Lang Muse, Anm. d. Red.). Sie war damals bei mir in New York auf Besuch. Ich hatte dieses alte Holzhaus mit großer Veranda im Visier, und sie meinte spontan: „Dort gefällt es mir auch, ich bin dabei.“ So war es dann! Weil mich die Leute immer danach fragen: Ja, wir verstehen uns blendend! Auch in Bezug auf die Einrichtung haben wir den gleichen Stil (lacht)!

Arbeitest du ab und zu noch mit Elfie Semotan zusammen?

Ewig schon nicht, aber im Sommer 2014 haben wir in Wien für Liska Pelze (alteingesessener Wiener Kürschnerbetrieb und Modehaus, Anm. d. Red.) eine Kampagne fotografiert. Mit Elfie hat meine Karriere eigentlich begonnen! Sie ist zwar schon ein paar Jährchen älter als ich, aber immer noch sehr cool. Mein Vater Heli Schreder ist übrigens auch cool (lacht).

Mein Vater ist auch cool!

Da haben wir beide Glück gehabt! (lacht). Wenn mich mein Vater in New York besucht, und das tut er ziemlich oft, ist er nachts immer noch ordentlich unterwegs.  Mein Vater ist selbstständiger Grafiker, Maler und Designer in Linz und ist ziemlich erfolgreich. Er hat früher die Atomic Ski gestaltet und für Logo-Dan Küchen viele Sachen kreiert. Jetzt malt er hauptsächlich. Er verkauft gut. Schöne Sachen!

Hast du Deine künstlerische Begabung von Deinem Vater?

Ja und von meinem Onkel, der arbeitete auch als Grafiker. Meine Mutter wollte ebenfalls Mode studieren, aber es wurde ihr verboten. Sie sollte einen „anständigen Beruf“ erlernen. Das war die Meinung, die man am Land damals vertrat. Ich wurde auch noch in eine Klosterschule gesteckt.

„Ich style auch mal Politiker in Washington oder Celebrities."

Leaving Klosterschule, Linz, Vienna to New York – war das ein großer Schritt für Dich?

Damals war ja das Internet noch nicht so verbreitet. Wenn man sich wo vorstellen wollte, musste man persönlich hinreisen. Also bin ich mit einer befreundeten Fotografin nach London geflogen. Dort haben wir einfach alle wichtigen Leute abgeklappert und ihnen gesagt, wir würden gerne etwas für sie tun. Wir hatten Glück, dass wir bald was für die Londoner Zeitschriften „The Face“ und "Dazed & Confused“ machen konnten, die damals relativ neu am Markt waren. 1998 bin ich dann mit meinem damaligen Freund, einem Grafiker, von Wien nach New York gezogen. Der hatte ein Jobangebot dort. Wir waren keine „Rich Kids“ und mussten uns durchkämpfen. Aber die Startposition war für mich durch London schon gut.

Hat sich der Beruf einer Stylistin seit Ende der Neunziger verändert?

Durch das Internet muss ich nicht mehr persönlich alle Showrooms abklappern und die Klamotten aussuchen. Heute gehst du auf Vogue.com, siehst alles sofort und suchst dir den Look, den du willst.

„Ich hole ich mir meine Inspirationen lieber analog!"

Warum glaubst Du, buchen Dich die Kunden immer wieder? Ich finde, Du hast einen ziemlich konzeptuellen Stil. Ich hoffe, die Frage beleidigt Dich nicht, weil eine gute Stylistin sich vielleicht eher durch ihre Vielfalt auszeichnet?

Nein, gar nicht. Ich finde gut, dass man das so interpretiert. Ich glaube, bei mir merkt man, dass ich von der Grafik komme, dass mich das Japanische nach wie vor reizt, und dass ich ziemlich konzeptuell arbeite, weniger intuitiv aus dem Bauch. Aber das ist Ansichtssache, eine gute Freundin von mir sagte etwa, dass ich sehr intuitiv arbeiten würde. Ich will nicht einfach einen Look anziehen und damit hat es sich. Mir macht es Spaß, wenn ich kreativ arbeiten kann, das können sowohl Editorials als auch kommerzielle Aufträge sein. Spontan fallen mir meine Arbeiten für Aldo, Sisley, Premiata, Cesare Paciotti, Vivienne Westwood, H&M, Maison Margiela, Hugo Boss oder Uniqlo ein. Ich style auch mal Politiker in Washington oder Celebrities. Solche Dinge halt.

Es liegt Dir nicht, ich weiß, aber gebe mal ein bisschen an!

Okay, I’ll try (überlegt lang): Kurz nach meiner Ankunft in New York habe ich den Fotografen Terry Richardson kennengelernt und mit ihm die ganzen Sisley Kampagnen gemacht. Da waren wir ziemlich erfolgreich, gute Arbeiten. Das ginge ja heute ja gar nicht mehr. Da bin ich Uptown zu Sisley, habe mir dort alles rausgesucht, was ich für meine Styles brauchte. Die schmissen mir das alles in große Taschen, und wir sind mit dem Zeugs selbstständig irgendwo hingedüst, wo es eben cool war: nach Los Angeles oder in die Wüste Nevada. Das war lässig.

Wie laufen denn die Vorbereitungen für so ein Editorial?

Ich mache Research im Internet, klar, aber hauptsächlich hole ich mir meine Inspirationen analog, aus Büchern und Katalogen – das können sowohl Kunstbücher als auch alte Fotobücher sein. Auf Basis von Bildern erstelle ich meine Konzepte, dann suche ich mir dazu Outfits und Accessoires für die Story zusammen, schick das alles meiner Assistentin, die ein PDF daraus gestaltet. Zuletzt suche dafür den passenden Fotografen und mit ihm eine gute Location.

Wie ist der Beruf einer Stylistin deines Formats bezahlt?

Für das Einkommen sorgen Werbejobs, wie bei vielen anderen, die im Kreativbereich tätig sind. Diese Jobs sind dann schon recht gut bezahlt. Aber um das Level zu halten, auf dem ich arbeite, mache ich viele Editorials, die mäßig bis gar nicht bezahlt sind. Alles in allem geht sich so ein Leben in New York aber dann doch ganz gut aus.

Sehnst du dich hin und wieder nach Wien und nach Österreich?

Ich vermisse meine Familie, meine Freunde, das gute Essen und die österreichische Kultur. Zweimal im Jahr schaffe ich es, nach Österreich zu fliegen. Zu selten. Mein Stil ist schon europäisch geprägt. Diesen Sommer war ich wieder dort und es war herrlich, ich wollte gar nicht weg, aber so geht es mir eigentlich immer.

Ich danke für den Kaffee und das Gespräch.

Sabina Schreder ist in Österreich geboren und zog 1998 nach New York, wo sie unter anderem als Stylistin für Vogue, Another Magazine und die Labels Sisley und Premiata arbeitete. Sie machte Fotoproduktionen mit den Fotografen Elfie Semotan, Terry Richardson, Cedric Buchet, Richard Burbridge, Mario Sorrenti, Steven Meisel, Alexei Hay und Maria Ziegelböck. Für das Label Stephane Kélian designte sie Schuhe. Sie ist in Linz geboren und studierte Grafikdesign an der Höheren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt und Mode an der Universität für Angewandte Kunst bei Jean Charles de Castelbajac und Vivienne Westwood.

 Nebenbei arbeitete sie in Werbeagenturen und wurde anfangs von der Foto- und Styling Agentur Walter Schupfer New York vertreten.

www.sabinaschreder.com

Der New York Korrespondent

Text: Antje Mayer-Salvi

Der Österreicher Jakob Winkler schreibt für das C/O Vienna Magazine von New York. Er trifft dort Menschen, die Wien lieben, vermissen, ändern oder es gerne auf den Kopf stellen wollen.

„Woher kimmsch'n Du?“

Text: Antje Mayer-Salvi, Fotos: Andreas Kronthaler

Selbstporträt in pinken Schlüpfern

Aufgewachsen ist der Modedesigner Andreas Kronthaler, Ehemann von Vivienne Westwood, im Zillertal in Tirol. Wir könnten ihn fragen, wie es so war, Tee mit Prince Charles zu trinken. Tun wir aber nicht. Wir sprechen über die Mostbeer-Nocken seiner Oma und die Pelzmäntel der alten Tante in Graz. Inzwischen ist Vivienne Westwood verstorben. Wir haben das Gespräch nicht geändert und so belassen, wie es damals kurz vor ihrem Tod gehalten wurde. 

Der Fetz’n-Müller

Text: Eva Holzinger

Der Fetz´n-Müller_CO Vienna Magazine

Kritzendorf, die Donau hinauf, knapp 30 Autominuten von Wien. Dort regierte der Fetz’n-Müller, der österreichische Stoffkaiser, sein Reich. Das legendäre Textilgeschäft ist eine Institution, eine Pilgerstätte für Modedesignerinnen, Wiener Kunststudierende und Mekka der Do-it-yourself-Anhängerschaft. Aufräum-Ikone Marie Kondō hat hier Hausverbot: Wir trafen den Gründer Franz Müller, der leider 2022 verstorben ist, und seinen Nachfolger, den gebürtigen Bosnier Adnan „Adi“ Beslagić. In ihrem Büro hängt ein Schild mit einer Ziege an der Tür: „Hier gibt’s nichts zu meckern.“ Stimmt.