Mama & Papa

Bei mir daheim

Mein Vater lebte und arbeitete im Keller. Meine Mutter war die Herrin des Obergeschosses in unserem Haus in Buchbach in Oberbayern. Soweit ich mich erinnern kann, begann die Auswahl eines Geschenks für meinen Papa zu Weihnachten oder zum Geburtstag immer mit der Frage: „Besitzt er schon das neueste Fan-Outfit von FC Bayern München?" Eine Fotoreportage.

Text: Claudia Holzinger, Fotos: Claudia Holzinger

Mama in der Badewanne

Ein Freund von mir beschrieb meine Mutter einmal als „schwierig".

Zuerst habe ich ihn nicht ganz verstanden, aber heute tue ich das. Wenn meine Mutter anwesend ist, tut sie alles, was sie sagt und macht, mit hundertprozentigem Eifer – und in hundertprozentiger Lautstärke. Seit mein Vater Anfang der 90er Jahre begann, im Keller unseres Familienhauses seine eigene Software-Entwicklungsfirma aufzubauen, war es nicht mehr nötig, eine richtige Hose anzuziehen, wenn er zur Arbeit ging. So beginnt sein Tag damit, dass er einen der Jogginganzüge auswählt, die er anziehen will oder er bleibt einfach beim Anzug vom Vortag. In der zerbrechlichen, selbstbewussten Zeit der Adoleszenz war es für mich nicht immer leicht, mit der Energie meiner Mutter umzugehen. Doch als ich erwachsen wurde, begann ich, sie nicht mehr nur als Mutter zu sehen, sondern als eine unabhängige Frau, die viel für ihre Familie aufgab. 

Über 25 Jahre lang im Keller ...

... zu arbeiten, immer zu Hause zu sein, wo Frau und Kinder sind, ist nicht immer leicht und kann einem mit der Zeit auf die Nerven gehen. Mein Vater begann, den ganzen Keller zu annektieren. Papa richtete sich eine eigene Werkstatt ein, ordnete sorgfältig alle Geräte, Materialien und Werkzeuge und ging nur dann ins Obergeschoss, wenn meine Mutter ihn rief, weil das Essen fertig war. Meine Mutter hatte es nicht leicht. Es wurde bei ihr Epilepsie diagnostiziert und sie musste starke Medikamente mit heftigen Nebenwirkungen einnehmen. Sie ließ sich jedoch von ihrem Zustand nicht unterkriegen. Sie begann ein neues Hobby: Tanzen. Neben unserer Haustür hängt ein Gemälde des Heiligen Georg, der gegen den Drachen kämpft. Georg ist der Name meines Vaters. Wenn Gäste kommen, kommt mein Vater nicht mehr allzu oft nach oben. So ist der Heilige Georg der einzige Georg, den unsere Besucherinnen zu Gesicht bekommen. Ich wollte sie in ihrer häuslichen Umgebung fotografieren, aber auch alle anderen Aspekte eines jeden Porträts hat sich Mama selbst ausgedacht. 

FC Bayern durch und durch

Das FC Bayern-Fanatikerdasein ist in der Familie meines Vaters tief verwurzelt. Er hat nicht nur eine riesige Sammlung von Fanartikeln und -kleidung, auch seine Eltern, meine Oma und mein Opa verpassen kein Spiel. Ich fragte als Studentin meine Großeltern, ob ich von ihnen Porträts machen könnte. Sie lehnten ab. Als ich anregte, sie als FC Bayern-Fans in Szene zu setzen, sagten sie sofort ja. Und so möchte ich mich, auch wenn ich gar kein Fußballfan bin, beim FC Bayern bedanken, dass ich meine Großeltern und meinen Vater fotografieren durfte.

Claudia Holzinger (*1985) ist eine intermediale Künstlerin, Grafikdesignerin und Fotografin, die international ausstellt. Sie studierte Grafikdesign an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg und an der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie Fotografie in der Klasse von Juergen Teller in Nürnberg. Sie ist in Oberbayern aufgewachsen und lebt und arbeitet derzeit in Berlin. 

Dieses Interview ist in der Printausgabe 5/2022 „The Provinz Issue“ erschienen. Sie können das Magazin in unserem Shop bestellen.

Der Arnold

Text: Bernardo Vortisch, Fotos: Anja Kundrat

Arnold Schwarzenegger in Terminator (Wachsfigur)

Thal bei Graz ist eine kleine Gemeinde mit weniger als 2.400 Einwohnerinnen, in der 1947 eine steirische Eiche das Licht der Welt erblickte, deren Wurzeln auch nach ihrer transatlantischen Umpflanzung nicht verschwunden sind. Überall spürt man die Präsenz der Ikone Arnold Schwarzenegger. Ein Locationcheck.

Die Soap&Skin

Text: Eva Holzinger, Fotos: Xenia Snapiro, Styling: Sarah Zalud-Bzoch

„When I was a child, I toyed with dirt. I killed the slugs, I bored with a bough in their spiracle.“ Die österreichische Ausnahmekünstlerin SOAP&SKIN singt von Tod und Schmerz, von Natur und Heilung. Sie durchbohrt uns mit ihrer Stimme und schnürt uns die Luft ab, nur um uns dann im Anschluss besser atmen zu lassen. Man liest den Songtext zu Spiracle anders, wenn man weiß, dass Anja Plaschg in einem steirischen 200-Einwohner-Dorf auf einer Schweinemast aufgewachsen ist. Ein Gespräch über tote Schweine, Würfelzucker-Hexen und sprechende Bäume.
 

Die Musikerin Anja Plaschg, bekannt als Soap & Skin

Die Wütende

Text: Lisa Peres, Fotos: Hilde van Mas
, Styling: Marlena Gubo
Stefanie Reinsberger © Hilde van Mas (Im Auftrag von C/O Vienna Magazine)

Stefanie Reinsperger ist eine Vollblut-Schauspielerin. Keine Allüren. Dabei ist die gebürtige Österreicherin einer der beliebtesten Schaupielerinnen im deutschsprachigen Raum. Schon zweimal gab sie die Buhlschaft im Jedermann, als Dortmunder Tatort-Kommissarin Rosa Herzog eroberte sie die Herzen des Publikums im Sturm. Doch sie entspricht nicht den Klischee-Vorstellungen eines weiblichen Stars und dafür wird sie angefeindet. Darüber ist sie Ganz schön wütend, der Titel ihres Buches. 

Dirndl & Zopf

Text: Antje Mayer-Salvi, Fotos: Vrinda Jelinek, Produktion: Nicole Adler, Stylist: Ilija Milicić, Hair Stylist: Nieves Elorduy, Models: Joya A., Helena (beide Stella Models), Vova, Ewelina, Annie (Das Deck), Studio: Roland Unger

DIRNDL und ZOPF – was hat es mit diesen traditionellen MODEPHÄNOMENEN auf sich, und wie sehr hat sich das Tragen von diesen in der Gegenwart verändert?