Homestory: Die Mutter

inszenierung auf 35 mm

Wir lieben Homestories. Doch mehr lieben wir Authentizität. Darum verschicken wir Einwegkameras an Menschen und lassen sie eigenständig ihr Zuhause porträtieren. Die Erste in der Reihe ist Natascha Hochenegg. Sie ist eine mutig-resignierte Mutter und Stiefmutter von vier Kindern, verzweifelt-liebende Ehefrau von „Hubby“, passionierte Bloggerin und in ihrer „Freizeit“ arbeitet sie als freiberufliche Fashion-Editorin für bekannte Fotografinnen, Modedesignerinnen und Magazine. Auf Facebook erzählt sie beinahe täglich Anekdoten aus ihrem Leben, chaotisch, elegant, sarkastisch, fürsorglich, verzagt, schwarz und romantisch. Mit der analogen Einwegkamera hat sie ihr Zuhause fotografiert – dazu suchten wir aus ihrer Facebook Timeline die besten Posts der letzten sechs Monate. Ihre letzte Nachricht vor Redaktionsschluss auf Social Media: „Life is a Bitch and then you die ...“

Text: Natascha Hochenegg

16. Juni 2018

„Oskar, kannst Du Dir bitte die Schokoladencreme abwischen, die Du im Gesicht verteilt hast? Du schaust aus wie ein Zweijähriger, der gerade lernt, selbst zu essen.“ Oskar reibt mit der Hand sein Gesicht ab, starrt darauf und wirkt verwirrt. „Wenn Du Deine Hand jetzt in Deine frisch gewaschene Hose wischst, muss ich Dich leider umbringen.“ Und während ich in die Küche geh, um das Obst zu holen, hör ich, wie er zu den Mädels sagt: „Mann, ich glaub, die hat mal urviele Kinder gehabt, und wir sind die einzigen, die überlebt haben.“

5. Juni 2018

So, Darlings, hier kommt ein Rat fürs Leben: Sagt nie zu Euren Hubbies, dass Ihr Euch dick und alt und hässlich fühlt, in der Hoffnung, er bestreitet es. Sagt es zumindest nicht zu meinem, sonst hört Ihr ein zärtliches „Oh, Schatz, das bin ich auch“. Ich hör gern das Gegenteil, bevor ich mein fünfzehn Jahre altes Profilbild austausche.

31. Mai 2018

„Papi?“ – „Ja, Oskar?“ – „Also, bei einer Herzmassage …“ – „Ja?“ – „Also, muss man da den Frauen auch den BH ausziehen?“ „Ich tu alles, was ich kann, ok?“ Fanni, piepsend: „Iiiiieeeh, wäh, ich mach mir T-Shirts, wo eingezeichnet ist, wo man draufdrücken muss …“

9. April 2018

Also, ich bin ja der Meinung, dass die heilige Vorhaut nicht unerwähnt bleiben darf in einem Referat über das Mittelalter, wenn man Kreuzzüge und Reliquienhandel erwähnt. Das muss auch eine 4. VS aushalten.

7. April 2018

To-do-Liste für nächste Woche: Spinatschnittchen nach Art der Zölestiner, gefüllte Blätterteigtäschchen mit Lauch, Linsen mit Knochenmark, Makkaroni mit Fenchelcreme und Walnüssen, frittierte Eier mit Sauce béarnaise, Lachs in Heubouillon und Nonnenfürze. Ich musste sehr, sehr alt werden, um irgendetwas Gutes im Katholizismus zu finden.

8. März 2018

Einen happy Weltfrauentag Euch allen, Darlings, und vergesst nicht, heute Eure Rabatte auf Putzmittel, Prosecco, Pralinen und Cellulitebehandlungen einzulösen! Yayayay!

11. Januar 2018

Oskar ist heute mit dem Einhornkostüm in die Schule gegangen. Es spricht wahrscheinlich nicht für meine Helikoptermutterqualitäten, dass mir das nicht aufgefallen ist. Er erzählt es beim Abendessen, Hubby im Dreiteiler funkelt mich an, weil ich einen Lachkrampf kriege. „Aber wie haben das die Oberstufenschüler gefunden, Oskar?“ – „Die wollten alle Selfies mit mir machen.“ Meine Zukunft ist gesichert ...!

6. Januar 2018

Heute vor zehn Jahren bei meinem Onkel, dem Gynäkologen, der Muttermund schon 4 cm geöffnet, aber wir wollten doch noch in die Ausstellung. Wir kommen in ein paar Stunden ins Spital, vorher noch in die Innenstadt. Der geliebte Kindsvater will dann doch nicht „Leben und Sterben in Wien“ am Geburtstag seiner Tochter sehen. Ich sag, leicht angesäuert, dann gehen wir halt in die Loosbar. Er kippt zwei Drinks, wir fahren. Unterwegs hören wir das John-Lennon-Yoko-Ono-Album, im Spital schläft er auf meinem Bett ein, während ich in der Wanne vor mich hin friere. Ich schaffe es alleine hinaus, scheuch ihn weg, er geht mit meinem Onkel, dem Gynäkologen, eine rauchen, währenddessen setzen bei mir die Presswehen ein. Und dann ist sie da, schaut aus wie Gollum und schreit mir die ganze Nacht und in den folgenden zwei Jahren die Ohren voll. Du sarkastisches, bildschönes, blitzgscheites kleines Miststück, I love you to bits. Und dich, Tino, für sie. Ganz der Papa, sagen alle!

Dieser Text ist in der Printausgabe #1 „The Private Issue“ erschienen. Sie können das Magazin in unserem SHOP bestellen.

Mama & Papa

Text: Claudia Holzinger, Fotos: Claudia Holzinger

Mama in der Badewanne

Mein Vater lebte und arbeitete im Keller. Meine Mutter war die Herrin des Obergeschosses in unserem Haus in Buchbach in Oberbayern. Soweit ich mich erinnern kann, begann die Auswahl eines Geschenks für meinen Papa zu Weihnachten oder zum Geburtstag immer mit der Frage: „Besitzt er schon das neueste Fan-Outfit von FC Bayern München?" Eine Fotoreportage.

Im Atelier von Raphaela Vogel

Text: Viktoria Kirner

Eine Homestory der ganz besonderen Art: Wir gaben der Berliner Künstlerin Raphaela Vogel eine analoge Einwegkamera und baten sie, ihr Atelier zu fotografieren – Königspudel, Zuhälter-Prolls und überraschender Besuch von Tocotronics Dirk von Lowtzow inklusive.

Homestory: Im Atelier von Raphaela Vogel

Die Strickexpertin

Text: Lisa Peres

Veronika Persché produziert in ihrer Strickwerkstatt im 17. Bezirk Textilien für heimische und internationale Kunden. Sie ist eine Koryphäe auf ihrem Gebiet, sammelt Strickmaschinen wie andere Knöpfe und lässt sich für ein Musterdesign „auf keinen Fall von der Natur“ inspirieren. Dass sie von den Haaren bis zu den Schuhen seit ihren Jugendjahren in Grün gekleidet ist, das ist eine andere Geschichte ...